Sind perfekte Gesangsaufnahmen auch zu Hause möglich?
In diesem Artikel zeige ich dir, wie du professionelle Gesangsaufnahmen auch zu Hause hinbekommst. Ich gehe insbesondere auf Recording-Wissen zur richtigen Mikrofoneinstellung, zur Raumakustik und zu Aufnahme-Techniken ein. Mit diesem Wissen kannst du die Qualität deiner Aufnahmen verbessern. Viel Spaß.
Lesezeit ca. 7 min
So holst du das Beste aus deiner Stimme heraus – die besten Tipps für Vocal-Aufnahmen in den eigenen vier Wänden
Inhaltsübersicht
- Vorbereitung: Körper und Stimme aufwärmen – sich in richtige Stimmung versetzen
- Mikrofonwahl: Welches passt zu mir?
- Mikrofonpositionierung und Aufnahmetechnik
- Raumakustik optimieren – muss ich mein Wohnzimmer umbauen?
- Aufnahme-Software: Welche Einstellungen helfen mir wirklich?
- Zusatztipps: Feinheiten, die den Unterschied machen
- Zusammenfassung
1. Vorbereitung: Körper und Stimme aufwärmen – sich in richtige Stimmung versetzen
Du hast sicher schon einmal erlebt, wie unterschiedlich deine Stimme klingen kann – mal hell und klar, mal müde und rau. Warum ist das so? Dein Körper ist dein Instrument, und wie jedes Instrument braucht auch deine Stimme Pflege. Bevor du aufnimmst, trinke ausreichend Wasser, damit die Stimmbänder geschmeidig bleiben. Vermeide Kohlensäure und Milchprodukte, die nur unnötig Schleim bilden und deine Stimme „klebrig“ wirken lassen.
Hast du schon mal daran gedacht, dich vor dem Recording kurz aufzuwärmen? Dehn-, Atem- und Stimmübungen helfen dir, mehr Kontrolle und Kraft in der Stimme zu bekommen. Plane zudem genug Zeit ein, um in Ruhe aufzunehmen, denn Stress und Druck hört man später heraus. Klanglich kann man zwar später noch einiges am PC verändern – die Performance nicht. Konzentriere dich daher später bei deinen Aufnahmen eher auf deinen Ausdruck und deine Emotionen. Dabei dürfen auch mal Töne schief sein, denn die kann man später teilweise korrigieren oder verhauene Takes durch bessere austauschen. Also sei emotional – am besten schon beim Aufwärmen. Mit der richtigen „Stimmung“ (im doppelten Sinne) und dieser Vorbereitung bist du bestens für deine Gesangsaufnahmen vorbereitet.
2. Mikrofonwahl: Welches passt zu dir?
Hierauf gibt es keine pauschale Antwort. Fest steht, dass ein Mikrofon nicht nur einfach ein Aufnahmegerät ist – es ist der Schlüssel zu deinem Sound! Für Vocals sind Großmembran-Kondensatormikrofon fast immer die richtige Wahl. Sie können feine Details deiner Stimme einfangen und ihr Volumen geben. Dennoch klingen sie je nach Modell und Marke immer etwas anders, mal heller und mal dunkler. Das hängt auch von der Richtcharakteristik – also wie das Mikro Schall aus einer bestimmten Richtung frequenzabhängig einfängt. Ein Mikrofon mit Nierencharakteristik fängt vor allem Schall von vorne auf und blendet störende Nebengeräusche aus. Wenn du die Möglichkeit hast, teste verschiedene Mikrofone aus, bevor du dich für eines entscheidest. Frage dich dabei, wie du den Klang findest und ob das jeweilige Mikro auch zu deinem Stil bzw. deiner Musik passt.
3. Mikrofonpositionierung und Aufnahmetechnik
Wo und wie du das Mikrofon positionierst, kann den Klang deiner Aufnahme enorm beeinflussen. Beginnen wir mit den Abstand von Mund zum Mikrofon. Die optimale Entfernung beträgt hier meist etwa 15-20 Zentimeter. Positioniere das Mikrofon in etwa auf Mundhöhe, und achte darauf, dass du nicht direkt hineinatmest. Mit einem Popfilter vermeidest du zudem störende Plosivlaute (p, b, t, k…). Sind deine s-Laute in deinen Aufnahmen überbetont, kannst du das Mikrofon auch etwas höher positionieren. Ziele dabei mit dem Mikrofon in Richtung deines Munds. Alternativ kannst du auch ein Stift vor deinen Mund halten… unkonventionell, hilft aber auch.
4. Raumakustik optimieren – muss ich mein Wohnzimmer umbauen?
Vielleicht hast du dich schon gefragt, warum manche Aufnahmen immer noch „nach Wohnzimmer“ klingen, selbst wenn das Equipment passt. Das Geheimnis liegt in der Raumakustik. Ein akustisch ausgewogener Raum ist ideal für Aufnahmen, damit keine störenden Raum-Reflektionen auftreten. Aber musst du jetzt dein Zimmer umbauen und ihn einer akustischen und kostspieligen Optimierung unterziehen?
Nein, denn mit ein paar Tricks lässt sich die Akustik relativ schnell verbessern: Hänge dicke Decken oder Vorhänge auf, lege einen Teppich aus und fülle Regale mit Büchern oder Stoffen, um den Schall zu dämpfen. So reduzierst du Reflexionen und machst deinen Raum „aufnahmetauglicher“. Die optimalen Raumbedingungen für Aufnahmen findest du jedoch meistens in Tonstudios. Nicht ohne Grund stecken wir auch einiges an Geld in die Akustik unserer Aufnahmeräume. – Übrigens: In Musikläden wird immer gerne dünner Noppenschaum als Akustikelemente angeboten. Diese bedämpfen allenfalls hohe Frequenzen. Spar dir also das Geld, deine Decken tun es auch.
5. Aufnahme-Software: Welche Einstellungen helfen dir wirklich?
Wenn du startklar bist, fehlt nur noch die richtige Software. Nutzt du eine DAW wie Logic, Ableton, StudioOne oder Cubase? Diese Programme sind vielseitig und bieten dir alle Funktionen, die du für Gesangsaufnahmen brauchst. Bevor du deine Aufnahme startest stelle noch sicher, dass du im richtigen Format aufnimmst. Eine Samplingrate von 44.1 kHz reicht oft völlig aus. In Studios wird jedoch meistens mit 96 kHz oder höher aufgenommen. Die Gründe hierzu führen an dieser Stelle zu weit. Viel wichtiger ist jedoch die richtige Wahl der Bitrate. Diese solltest du auf mindestens 24 Bit einstellen. Platt formuliert, können dadurch sowohl leise als auch laute Töne digital gut abgebildet werden.
Nicht zuletzt ist auch ein guter Aufnahmepegel wichtig. Stelle den Pegel (Gain) an deinem Interface so ein, dass du nicht übersteuerst. Bei Übersteuerung klingt deine Stimme dann nicht mehr natürlich, sondern kratzt oder zerrt. Wenn sich die Pegelspitzen zwischen -6 dB und -12dB bewegen ist das eine gute Richtlinie. Dann bist du für die meisten Aufnahmesituationen gewappnet.
Noch ein kleiner Tipp: Lehne dich bei besonders lauten Gesangspassagen mit deinem Oberkörper leicht zurück. So verhinderst du meistens eine Übersteuerung ohne, dass du den Pegel für die Aufnahme lauter Stellen nochmal anpassen musst. Mit dieser Technik erhältst du auch eine ausgewogener Aufnahme, was den Pegel betrifft.
6. Zusatztipps: Feinheiten, die den Unterschied machen
Nun hast du die Basis gelegt. Aber wie holst du alles aus deiner Aufnahme heraus?
Tipp 1 – Arrangieren, üben und dann erst aufnehmen
Die menschliche Stimme ist eine sehr komplexe Sache. Neben den Tönen und den Sachinformationen aus den gesungenen Wörtern, werden auch Emotionen vermittelt. Überlege dir daher, wie du was von deinem Song gesanglich performen möchtest. Deine Überlegung kannst du dann z. B. als Randnotiz in deinem Songsheet festhalten. Eine bewährte Methode ist auch, die Stimme probehalber aufzunehmen, um an deiner Performance zu arbeiten. Manchmal ergeben sich dadurch spontan tolle Aufnahmen. Ansonsten hilft üben, üben, üben bis Text und Performance sitzen. Dann geht’s schon an die Aufnahme.
Tipp 2 – nimm max. 3-4 Takes auf
Auch wenn es Ausnahmen gibt, nicht alle Profis nehmen ihren Gesang in nur einem Take auf. Meiner Erfahrung nach reichen meistens schon 3-4 Takes pro Stimme (Haupt-, Zweit-, Dritt-Stimmen etc.), denn Performance und Konzentration lassen mit der Zeit eher nach, als besser zu werden. Tatsächlich nutzen einige die Aufnahme-Situation als ihre Probe. Das führt in der Regel zu einer unüberschaubaren Anzahl an Aufnahmen und zu eher mittelmäßigen Takes. Also Tipp 1 ist beachten ;)
Tipp 3 – wähle die besten Stellen deiner Aufnahmen aus
Lass die Emotionen in deinen Aufnahmen sprechen! Deine Hörer spüren, wie du dich fühlst, und die Stimme transportiert das. Nimm dir die Zeit, die einzelnen Takes zu vergleichen und Feinheiten zu erkennen. Was klingt für dich am lebendigsten und besten? Schließlich sind es die Nuancen, die einen professionellen Sound ausmachen.
Tipp 4 – lege Pausen ein und entspanne dich
Nur selten werden Welthits über Nacht komplett aufgenommen. Eine kleine Pause während und nach dem Aufnehmen wirkt Wunder! Hör so z. B. später nochmal in deine Aufnahmen rein – mit frischen Ohren entdeckst du Details, die dir zuvor entgangen sind. Manchmal klingt es besser als man den Tag vorher noch dachte. Manchmal sind weitere Aufnahmen notwendig – und das ist völlig okay.
Zusammenfassung
Auch ohne professionelles Studio kannst du mit ein paar Schritten tolle Gesangsaufnahmen machen:
- Bereite dich und deine Stimme vor und bleibe im ganzen Prozess entspannt. Lege auch mal Pausen ein.
- Wähle das passende Mikrofon und achte auf eine gute Positionierung.
- Optimiere die Raumakustik, um störende Reflexionen zu minimieren.
- Wähle die richtigen Einstellungen in deiner DAW, um Übersteuerung zu vermeiden.
- Eine emotionale und ausdrucksstarke Performance bei der Aufnahme ist wichtiger als alle Töne perfekt zu treffen.
Bereit für deine nächste Aufnahme? Teste diese Tipps und erlebe, wie sich die Qualität deiner Aufnahmen steigert.